Interview mit Regisseur Erik Schiesko zu seinem neuen Film "Schmellwitz"

 

Wie entstand die Idee zu dem Film?

Erik Schiesko (rechts) mit seinen beiden Hauptdarstellern Paul Klöpper (links) und Martin Krüger

© Thori, 2010

Der Film "Schmellwitz" soll unser gemeinsamer Bewerbungsfilm für die Filmhochschulen sein. Ich möchte gern Regie studieren. Sebastian Rau, der bei "Schmellwitz" die Kamera führte, möchte ein Kamerastudium beginnen.

Neben der HFF und anderen Einrichtungen wollen wir uns auch an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin bewerben. Sie schreibt das Thema "Die 7 Todsünden" aus. Nach unterschiedlichen Ideen haben Sebastian und ich die Plattenbaugeschichte herausgearbeitet und als am Geeignetesten befunden. Gut konnten wir hier die Sünden: Neid, Zorn, Trägheit oder Hochmut einfließen zu lassen. Ich hatte sofort Ideen für die Umsetzung zum Drehbuch, obwohl wir anfangs mit dem Thema Probleme hatten.

Darüber hinaus wollte ich endlich nach zeitintensiveren Spielfilmprojekten einen knackigen Kurzfilm inszenieren, um mich als Regisseur besser etablieren zu können. Ein kurzer Film ist leichter bei Film-Festivals eingereicht und bekommt jetzt hoffentlich am Anfang auch mehr Aufmerksamkeit.

Was ist die Botschaft des Filmes?

Sebastian und ich sind im Plattenbaugebiet groß geworden. Ich habe sogar zwischen dem 6. und 12. Lebensjahr meine Kindheit genau an dem Drehort, Willi-Budich-Straße in Schmellwitz, verlebt.

Vor allem aber habe ich, und das ist mir erst nach dem Schreiben aufgefallen, unbewusst meine Heimatgefühle verarbeitet. Die Lausitz ist stark von Abwanderung geprägt. In den letzten 20 Jahren hat z.B. Cottbus über 25.000 Einwohner verloren.

Bei mir persönlich sind durch den Weggang einige, feste Freundeskreise und enge Bindungen weggebrochen. Ich fühlte mich dadurch verletzt und habe mich mich oft gefragt, ob ich als Freund nicht gut genug war oder was in der dortigen Gegend anders ist als hier. Und ich habe mich gefragt, ob ich nicht einfach auch weggehen sollte.

Doch ich konnte der Region nie wirklich den Rücken kehren. Vielleicht war ich nicht bereit dazu, vielleicht hänge ich auch zu sehr an der Region. Also habe ich mich hier aktiv ins Geschehen eingebracht und bin meiner Heimat treu geblieben. Hier gehalten haben mich dabei vor allem meine Wurzeln, meine Familie, die Erlebnisse und gute - oft neue - Freundschaften

Erst nach dem Schreiben ist mir klar geworden, dass das Plattenbaugebiet symbolisch für meine Heimat steht, Maik für die zielgetriebenen Menschen, die von hier weg wollen und Lisa für meine Familie, für gute Freundschaften und mein Heimatgefühl.

Ich habe also für mich selbst unterbewusst die Frage geklärt, warum ich hier bleibe. Die Botschaft aus dem Film lautet deshalb: "Bleibe hier und sei deiner Heimat treu - lass uns gemeinsam etwas aufbauen..."

Welche Erwartungen hast Du an den fertigen Film?

Ich habe recht hohe Erwartungen. Wir wollen den Film bei vielen nationalen und internationalen Film-Festivals einreichen und hoffen darauf, auf uns aufmerksam machen zu können. Der Film ist quasi unsere Vorstellung. Sollte es bei mir nicht mit dem Studienplatz funktionieren, werde ich trotzdem weiterhin Filme drehen. Der Kurzfilm "Schmellwitz" könnte mir dabei den Einstieg in die Branche erleichtern.

Warum sollte sich der Zuschauer den Film ansehen?

Der Film beschreibt den Konflikt zwischen Heimatgefühl und Globalisierungsgedanke. Jeder ist heutzutage mehr oder weniger damit konfrontiert. Durch Internet und die weltweite Vernetzung rückt der eigene Schauplatz immer weiter in den Hintergrund. Exotische Kulturen, ferne Länder und fremde Traditionen machen neugierig. Man nimmt seine eigene Umgebung anders wahr. Wer selbst anpackt und etwas tut, kann auch aktiv seine nahe Umwelt verändern. Diese Ansätze lassen sich aus dem Film leiten. So soll er beim Zuschauer Anreize schaffen, über das eigene Handeln nachzudenken und durch die Problematik sich diesem Thema wieder bewusst zu werden.

Nach welchen Gesichtspunkten hast Du die Filmcrew zusammengestellt?

Vor allem habe ich nach Sympathie und Bereitschaft, an dem Projekt mitzuwirken, entschieden. Zu Beginn habe ich mir die Frage gestellt, wer hätte vor allem Freude und Lust an solch einem Projekt teilzunehmen. Als zweites Kriterium stand dann die Erfahrungen der Teilnehmer im Raum. 

Sebastian und mir war schon lange klar, dass wir Beide gemeinsam unseren Bewerbungsfilm für die Filmhochschulen drehen. Darüber hinaus haben wir uns 2010 die Kameraarbeit beim Cottbuser Spielfilmprojekt "Rootstock" geteilt. Es hat alles ohne Probleme funktioniert, jeder konnte sich auf den anderen verlassen.

Ich habe selbst jahrelang als Kameramann für eigene Filme, später auch als Videojournalist bei LausitzTV für Auftragsproduktionen, gearbeitet. Dadurch habe ich oft sehr konkrete Vorstellungen von der Auflösung. Ich bin ein visuell arbeitender Mensch und erstelle vor dem Dreh fast immer eine Storybook. Sebastian ist da mit meinen Visionen oft einer Meinung gewesen. Andererseits bin ich vielfach seinen Einwänden und Ratschlägen gefolgt . Es klappt halt einfach - gerade dort, wo es Reibungen geben könnte. Ich habe als Regisseur eben auch gern die Hand über dem gestalterischen Aspekt, und da kommt mir Sebastian sehr entgegen.

Wie verliefen die Dreharbeiten und wie war die Zusammenarbeit mit den Darstellern?

Die Dreharbeiten an sich waren sehr anstrengend, da wir bei Minus 10 Grad im Winter gedreht haben und manchmal vom Wettergott mit Regen und Matsch konfrontiert wurden. Als ich das Buch schrieb, habe ich zwar auch "im Winter" gemeint, aber nicht an Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt gedacht. So war besonders der Nachtdreh der Endsequenzen die Hölle. Nach einer halben Stunde waren auch mit festen Schuhwerk die Füsse durchgefroren und irgendwann war der Körper völlig ausgekühlt. Unsere einzige Rückzugsmöglichkeit war ein Kellerraum, in den wir einen Heizlüfter stellten. Leider hatten wir nur wenig Zeit für kurze Erwährmungspausen. Als dann noch die Mopeds durch die Kälte versagten, mussten wir letzten Endes die Endszene abbrechen und eine Woche später weiterdrehen, wo dann Tauwetter einsetzte und der Drehort plötzlich völlig anders aussah...

Wie ist es, mit Kindern zu drehen?

In diesem Film habe ich mit nur einem Kind - der 10jährigen Mira – gedreht, daher war es wirklich überschaubar. Es war in dieser Form meine erste Zusammenarbeit mit einem Kind. Aber mit Mira war es recht einfach. Ich habe zwar keinen direkten Vergleich – aber Mira hat schnell bei den Proben gelernt und war immer bei der Sache. Anfangs war sie natürlich unerfahren, wie sich sich verhalten soll, z.B. hat sie oft in die Kamera geschaut. Aber bei den Dreharbeiten war davon nach den Proben nichts mehr zu sehen. Auch den anstrengenden Nachtdreh, bei Minusgraden und in luftigen Sachen, hat sie sehr tapfer überstanden. Immer war sie bei der Sache. Mira könnte es, wenn sie sich rechtzeitig kümmert, zu einer anerkannten Schauspielerin schaffen.

Welches waren vor oder während der Dreharbeiten die größten Herausforderungen?

Ganz klar die Kälte und die Mopeds. Es wäre einfacher gewesen, hätten wir bei wärmeren Temperaturen gedreht. So wären uns Sturm, Kälte und kalte Füsse erspart geblieben und auch die Mopeds wären angesprungen, was sie allerdings nicht getan haben und wir deshalb eine Szene komplett abrechen mussten.

Schwierig war auch die Tatsache, daß es sich um eine Low-Budet-Produktion handelt, wir also einen engen finanziellen Spielraum hatten. Trotzdem setzten wir uns gleichzeitig recht hohe Maßstäbe an die Umsetzung. Ich hoffe, der Film sieht später professionell aus und die "Kniffe" funktionieren.

 

Kurzbiografie

Erik Schiesko ist Jahrgang 1986. Neben dem Filmemachen beschäftigt er sich auch mit Theater, Graffiti und Kunst.

Nach der Schulzeit machte Erik Schiesko beim regionalen Fernsehsender "Lausitz-TV" eine Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton. Er absolvierte Electronic Media School Seminare und mehrere Kurzfilmworkshops. Auch als Moderator war Erik Schiesko tätig, so moderierte er u.a. die Talksendung "Die Couch" auf Lausitz-TV.

Weitere Projekte waren die Leitung der Youth Bank Cottbus sowie das KONTURProjekt, ein Mitmach-Projekt für die Cottbuser Jugendlichen.

Auch als Illustrator, Grafitti-Künstler sowie als Darsteller am Cottbuser Piccolo-Theater wurde Erik Schiesko tätig. Sein Hauptaugenmerk ist aber die Filmarbeit. Seit 2003 entstanden mehrere Videoclips und Kurzfilme. 2010 übernahm er für den Spielfilm "Rootstock" die Kameraarbeit. Für den ZDF-Krimi "Die Tränen der Fische" wurde er als Video-Operator eingesetzt. 

 

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